Schlaftraining für Babys: Methoden im Vergleich

von | Apr. 11, 2025 | Allgemein

„Und, schläft es schon durch?“

Ein harmlos gemeinte Frage – für frischgebackene Eltern aber der akustische Dolchstoß mitten ins müde Herz.

Weil das eigene Baby eben nicht durchschläft. Nicht mit 3 Monaten. Nicht mit 6. Nicht mal mit 12. Und das Gefühl, „irgendwas falsch zu machen“, wird mit jedem nächtlichen Aufwachen größer. Willkommen in der Welt der Schlaftrainings!

Aber was steckt wirklich hinter diesen Methoden? Halten sie, was sie versprechen? Und: Muss man sein Baby überhaupt „trainieren“?

Spoiler: Nein. Aber wir schauen sie uns trotzdem mal an – damit du am Ende nicht nur besser informiert bist, sondern vielleicht auch ein bisschen gnädiger mit dir selbst.

Warum es total logisch ist, dass dein Baby (noch) nicht durchschläft

Wenn du das nächste Mal nachts um 3 Uhr mit einem Baby auf dem Arm im Wohnzimmer sitzt und dich fragst, warum dein Kind schon wieder wach ist – stell dir eine Höhle vor. Kein Strom, keine Heizung, keine Tür, kein Babyphone. Nur Dunkelheit. Vielleicht ein wärmendes Feuer. Und draußen? Raubtiere, Kälte, Gefahr.

Ein Menschenbaby ist eines der hilflosesten Wesen auf diesem Planeten. Es kann sich nicht bewegen, nicht wehren, nicht selbst wärmen oder Nahrung suchen. Es überlebt nur, wenn jemand in seiner Nähe ist – wachsam, schützend, verfügbar. Und genau das steckt bis heute in seinen Genen.

Wenn dein Baby aufwacht, will es sicherstellen:
👀 Ist noch jemand da?
💨 Atmet Mama noch?
🔥 Bin ich warm genug?
🥺 Bekomme ich gleich wieder Nähe (und Milch), wenn ich sie brauche?

Diese nächtlichen Check-ins sind kein Defekt, kein Fehler, kein „siehste, du verwöhnst es zu sehr“ – sondern ein uraltes Sicherheitsprogramm.

Die Natur hat es so eingerichtet, dass ein Baby sich regelmäßig rückversichert. Dass es Nähe sucht. Dass es lieber einmal zu oft weint als zu wenig. Weil es früher den Unterschied zwischen Leben und Tod ausmachen konnte.

Und auch wenn du heute in einem Haus mit Zentralheizung, Videoüberwachung und Schnuller-Vorrat lebst – dein Baby hat davon noch nichts gehört. Es tickt nach dem Urzeit-Takt. Und das ist nicht nur okay, das ist gut so.

Also nein – du „machst nichts falsch“. Du ziehst einfach ein kleines Höhlenmenschlein groß.


Was ist überhaupt Schlaftraining?

Schlaftraining ist kein geschützter Begriff – er reicht von sanften Einschlafhilfen bis hin zu Methoden, bei denen Eltern ihr Kind bewusst weinen lassen, um bestimmte Schlafgewohnheiten zu „etablieren“.

Die Versprechen klingen verlockend: Durchschlafen in wenigen Tagen, „endlich wieder Paarzeit“, weniger Stress. Klingt gut, oder?

Aber lass uns das mal nüchtern – und mit einem Augenzwinkern – durchgehen.


Die bekanntesten Methoden im Überblick

1. Ferber-Methode (kontrolliertes Schreienlassen)

🛏️ Auch bekannt als: „Ich weine draußen mit.“

Wichtig: Die Methode wird heute NICHT mehr empfohlen – siehe dazu auch unten bei Bindungstheorie!

So funktioniert’s:
Du bringst dein Baby abends ins Bett – wach, nicht schlafend. Dann verlässt du das Zimmer. Wenn es anfängt zu weinen, wartest du einen festen Zeitraum (z. B. 2 Minuten), bevor du kurz wieder reingehst. Aber: Du nimmst dein Baby nicht hoch. Du redest kurz beruhigend, bleibst aber distanziert – und gehst wieder raus. Beim nächsten Weinen wartest du länger (z. B. 5 Minuten), dann 10, dann 15 … jeden Abend ein bisschen mehr. Die Idee: Das Baby soll lernen, sich selbst zu beruhigen.

Was Eltern dabei oft fühlen:
Herzschmerz. Der innere Kampf zwischen „Ich will meinem Kind helfen“ und „Ich tue ihm gerade weh“. Und das ist okay – diese Methode ist emotional schwer.

Was Babys dabei lernen können:
Wenn ich Hilfe brauche, kommt niemand. Ich bin allein. Sie können Todesangst haben – siehe weiter unten bei Bindungstheorie. Falls Babies hier aufhören zu weinen und einschlafen, geschieht dies in der Regel aus Erschöpfung und einem „Zusammenklappen“ im Nervensystem – sie geben auf.


2. Pick-Up/Put-Down (Tragen – Ablegen – Wiederholen)

🌀 Auch bekannt als: „Ich hab Muskelkater vom ins-Bett-legen.“

So funktioniert’s:
Du legst dein Baby ins Bett. Wenn es weint, nimmst du es auf den Arm. Sobald es sich beruhigt hat – nicht schläft, sondern nur ruhiger ist – legst du es wieder hin. Weint es wieder? Hochnehmen. Beruhigen. Hinlegen. Wiederholen. Wiederholen. Wiederholen.

Was passiert dabei?
Dein Baby lernt, dass du immer da bist, aber dass Einschlafen im Bett stattfindet – nicht auf deinem Arm. Du begleitest es, aber du „trainierst“ es in kleinen Schritten dahin, sich selbst zu beruhigen.

Was du brauchst:
Geduld. Einen halbwegs stabilen Rücken. Und idealerweise jemanden, der dir mal ein Glas Wasser reicht, während du das 37. Mal dein Kind zurücklegst.


3. Camping Out (Stuhl-Methode)

🪑 Auch bekannt als: „Die Schlafbegleitung in Slow Motion“.

So funktioniert’s:
Du bleibst beim Baby – auf einem Stuhl neben dem Bett. Du redest nicht, streichelst wenig bis gar nicht. Du bist einfach nur da. Jeden Abend rückst du den Stuhl ein Stück weiter weg – bis du schließlich vor der Tür sitzt. Und irgendwann nicht mehr da bist.

Was ist die Idee dahinter?
Das Baby soll lernen, dass du nicht immer ganz nah sein musst, um sicher zu sein. Deine stille Präsenz gibt Sicherheit – aber du nimmst dich Stück für Stück zurück.

Für wen ist das gut?
Für Eltern, die nicht „einfach gehen“ wollen, aber dennoch Distanz aufbauen möchten. Achtung: Manche Kinder schreien trotzdem – auch wenn du daneben sitzt. Für sensible Kinder kann das frustrierend sein: Mama ist da, aber sie macht… nichts!?


4. No Tears / Fading

😴 Auch bekannt als: „So sanft wie möglich.“

So funktioniert’s:
Du begleitest dein Baby liebevoll beim Einschlafen. Wenn es bisher in deinem Arm eingeschlafen ist, setzt du dich jetzt vielleicht daneben und hältst nur die Hand. Oder du streichelst es. Oder du singst. Und jeden Abend veränderst du eine Kleinigkeit: weniger Singen, weniger Körperkontakt, ein bisschen früher aus dem Zimmer gehen. Alles in Mini-Schritten – über Wochen oder sogar Monate.

Das Ziel:
Das Baby gewöhnt sich ganz langsam an mehr Selbstständigkeit – ohne dass es weinen muss. Du gehst nur so schnell voran, wie es dein Baby (und du!) mitmacht.

Perfekt für:
Bindungsorientierte Familien mit viel Geduld. Und ja: Diese Methode ist oft langwierig – aber für viele die liebevollste und stimmigste.


Was sagt die moderne Bindungstheorie zu all dem?

Ferber-Methode (kontrolliertes Schreienlassen):

🔴 Bindungsexperten sagen NEIN!
Mehrere Studien deuten darauf hin, dass wiederholtes, unbeantwortetes Weinen (v. a. bei kleinen Babys) Stresshormone steigen lässt. Die Bindungstheorie betont: Babys brauchen verlässliche, feinfühlige Reaktionen – besonders nachts, wenn sie besonders verletzlich sind. Diese Methode wird heute nicht mehr empfohlen.

Pick-Up/Put-Down:

🟡 Bedingt empfohlen.
Die Methode kann funktionieren, wenn sie mit viel Einfühlungsvermögen und in einem guten Alter (meist ab ca. 6 Monaten) durchgeführt wird. Wichtig ist, das Baby nicht „nach Zeitplan“ zu beruhigen, sondern wirklich auf seine Signale zu achten.

Camping Out (Stuhl-Methode):

🟡 Neutral bis vorsichtig positiv.
Solange Eltern emotional erreichbar bleiben und das Baby ihre Präsenz spürt, kann das eine sanfte Variante sein. Aber: Für sehr sensible Kinder kann das „Anwesend sein, aber nicht reagieren“ verwirrend sein.

No Tears / Fading:

🟢 Bindungstheoretisch optimal.
Diese Methode entspricht am meisten dem, was Bindungsexperten empfehlen: feinfühlig begleiten, kleine Schritte machen, auf das Tempo des Kindes achten. Der Aufbau von Urvertrauen steht im Zentrum – und das ist laut Bindungstheorie die beste Basis für guten Schlaf.

Und jetzt mal ehrlich: Muss man das alles wirklich machen?

Die Antwort lautet: Nein.
Es gibt keine Methode, die für alle Babys funktioniert. Jedes Kind ist anders. Jede Familie ist anders.

Und vor allem: Du bist keine schlechtere Mutter, nur weil dein Baby mit 10 Monaten noch nicht durchschläft.
Oder mit 10. Oder mit 24. (Okay, vielleicht reden wir dann nochmal.)


Was dein Baby wirklich braucht

💗 Sicherheit.
👐 Körpernähe.
🕰️ Zeit.

Babys müssen nicht lernen, alleine zu schlafen. Sie müssen sich sicher fühlen, um irgendwann von allein schlafen zu wollen. Und ja, das kann dauern. Aber es ist okay. DU bist okay. Dein Baby auch.


Und was du brauchst?

🌿 Unterstützung.
☕ Schlaf. (Hahaha. Nein, ernsthaft.)
🫂 Andere Mütter, die sagen: „Ich versteh dich.“

Schau dazu unbedingt mal in meinen Blogartikel zum Thema Schlaf, Mama Schlaf – wie es bei uns war mit dem Schlafmangel...


Familienbett: Himmel auf Erden oder Albtraum auf Matratze?

Das Familienbett – also das gemeinsame Schlafen von Eltern (oft: Mutter) und Kind(er) in einem Bett oder direkt daneben – ist für viele Eltern der Inbegriff von Nähe, Geborgenheit und nächtlichem Kuschelglück. Für andere: der sichere Weg in die „Ich hab Rückenschmerzen und keinen Platz mehr“-Zone.

Pro Familienbett:

  • Nähe ohne Aufwand: Du musst nicht aufstehen, nicht durchs dunkle Zimmer wanken, nicht stolpern – dein Baby ist direkt neben dir.
  • Stillen im Halbschlaf: Lebensrettend. Wirklich.
  • Sicherheitsgefühl fürs Baby: Babys schlafen nachweislich ruhiger, wenn sie deine Atmung, deinen Herzschlag und deine Körperwärme spüren.
  • Förderung der Bindung: Körperkontakt = Oxytocin = Liebe. Punkt.

Contra Familienbett:

  • Schlafqualität: Manche Eltern schlafen schlichtweg schlechter, wenn immer ein kleiner Ellbogen im Auge steckt.
  • Intimsphäre: Paarzeit? Joa. Im Familienbett eher schwierig.
  • Abgewöhnung: Der Übergang ins eigene Bett kann später zur Herausforderung werden – muss aber nicht!

Wichtig: Das Familienbett ist kein Allheilmittel, aber auch keine Schwäche. Es ist eine Option. Wenn es für euch funktioniert, ist es genau richtig. Wenn nicht – auch okay!

Die „Schlaf, Mama Schlaf“-Philosophie:

Es geht nicht darum, dein Baby zu „trainieren“ – sondern es zu begleiten in dem natürlichen Prozess, nachts bei sich selber Sicherheit zu finden – und das kann und wird vermutlich dauern.

Diese Schlafphase wird vorübergehen. Versprochen. Kein Teenager wacht noch stündlich auf (okay, vielleicht zum Smartphone checken, aber das ist ein anderes Thema).

Bis dahin:

  • Senke deine Standards (ungewaschene Haare sind ein Statement)
  • Nimm Hilfe an (wirklich, TU ES)
  • Finde andere schlaflose Eltern (Solidarität in Augenringen!)

Sanfte Alternativen, die wirklich helfen können:

  • Beständige Abendroutinen – Babys lieben Vorhersehbarkeit
  • Frühe Schlafenszeit – Übermüdete Babys schlafen paradoxerweise schlechter
  • Professionelle Beratung – manchmal braucht es einen Außenblick von jemandem, der nicht seit Monaten schlafberaubt ist

Denk daran: Du bist keine schlechte Mutter, weil dein Baby nachts aufwacht. Du bist eine normale Mutter mit einem normalen Baby.

Und falls du dich fragst: Ja, auch mein Baby hat erst als KIND durchgeschlafen. Und wir haben beide überlebt (auch wenn es mich definitiv einige Jahre meines Lebens gekostet hat 😭).

Fazit: Nicht trainieren – begleiten.

Wenn du das Gefühl hast, dein Baby „funktioniert nicht“, weil es nicht durchschläft – streich diesen Gedanken.

Du brauchst kein Training.
Du brauchst Verständnis, Geduld, Empathie – und manchmal jemanden, der dir sagt: Du musst das nicht allein schaffen.

Und genau dafür sind wir da. In unserem Verzeichnis findest du liebevolle, erfahrene Schlafberater*innen und Familienbegleiter*innen, die dich nicht nur mit Methoden versorgen – sondern mit echtem Mitgefühl. Weil du das verdienst.

👉 Finde hier deine Expertin für liebevolle Schlafbegleitung

Buchempfehlung:

Wenn du dich noch umfassend über Babyschlaf informieren möchtest, kann ich dir die folgenden Bücher ans Herz legen:

  • Schlaf gut, Baby Der sanfte Weg zu ruhigen Nächten für Kinder von 0 bis 6 Jahren von Herbert Renz-Polster und Nora Imlau
  • Happy Baby – Einschlafen, Durchschlafen, Glücklich sein: Tipps für einen harmonischen Schlaf von Babys und Kleinkindern – damit auch Mama und Papa wieder schlafen können von Stefanie Baum
  • Drei Jahre ohne Schlaf?!: Mehr Ruhe und Erholung für alle in den ersten drei Jahren. von Katharina Meier-Batrakow
  • Gut schlafen von Anfang an: Babyschlaf verstehen in den ersten 2 Lebensjahren von Kathrin Böhm
Dieser Blogbeitrag stammt von Stefanie Motiwal

Hey, ich bin Stefanie, Mama von 2 Kindern und Gründerin von MamasDorf. Mit MamasDorf möchte ich anderen Müttern helfen, die teilweise schwierigen Herausforderungen des Alltags mit Kindern zu meistern und sich selbst nicht zu vernachlässigen.

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